Was das nachvertragliche Wettbewerbsverbot beim Jobwechsel bedeutet

Das Foto zeigt einen (Arbeits)-vertrag und zwei durch Vertrag gebundene Hände in Handschellen.
Foto: Gerd Altmann / Pixabay


Wer nach einem Jobwechsel oder einer Kündigung beruflich neu durchstarten will, kann durch eine Klausel im Arbeitsvertrag ausgebremst werden: das nachvertragliche Wettbewerbsverbot. Diese oft übersehene Regelung hat das Potenzial, die beruflichen Pläne nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen erheblich einzuschränken. Aber was genau steckt hinter diesem Verbot, und wie wirkt es sich auf Ihre berufliche Zukunft aus? In diesem Artikel erfahren Sie, welche Rechte und Pflichten mit einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot verbunden sind und wie Sie sicherstellen können, dass Ihre beruflichen Freiheiten gewahrt bleiben.


Was ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot?

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot untersagt es Arbeitnehmer*innen, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Konkurrenz zu ihrer früheren Arbeitgeberin oder ihrem früheren Arbeitgeber zu treten. Dieses Verbot soll verhindern, dass ehemalige Mitarbeitende durch ihr Wissen und ihre Erfahrungen dem Unternehmen schaden.

Ohne ein solches Verbot dürfen Beschäftigte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich bei einem Wettbewerbsunternehmen arbeiten oder ein eigenes, konkurrierendes Geschäft gründen. Ist ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot jedoch vereinbart, wird diese Freiheit eingeschränkt. Dabei müssen bestimmte gesetzliche Vorgaben eingehalten werden, damit das Verbot rechtsgültig ist.


Voraussetzungen für ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Damit ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot rechtswirksam ist, muss es folgende Bedingungen erfüllen, die in den §§ 74 bis 75f HGB festgelegt sind:

  1. Schriftform: Das Wettbewerbsverbot muss schriftlich vereinbart sein. Mündliche Absprachen reichen nicht aus.
  2. Maximale Dauer: Die Dauer des Verbots darf maximal zwei Jahre betragen.
  3. Bereich und Umfang: Das Verbot muss klar und angemessen in Bezug auf Zeit, Ort und Art der Tätigkeit definiert sein.
  4. Karenzentschädigung: Der oder die ehemalige Arbeitgeber\*in muss eine angemessene Entschädigung zahlen. Diese muss mindestens 50 % der letzten vertragsgemäßen Leistungen betragen.

Wenn eine dieser Voraussetzungen fehlt, ist das Wettbewerbsverbot entweder unverbindlich oder nichtig, was bedeutet, dass es unwirksam ist und Arbeitnehmer*innen sich nicht daran halten müssen.


Besteht ein Wettbewerbsverbot, wenn ich in den Ruhestand gehe?


Im Ruhestand entfällt das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in der Regel. Sobald eine Person die gesetzliche Altersgrenze erreicht und in den Ruhestand tritt oder eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht, endet das Wettbewerbsverbot automatisch. In diesen Fällen bedarf es keiner zusätzlichen Kündigung oder Aufhebung der Vereinbarung. Diese Regelung sorgt dafür, dass sich Ruheständler*innen nicht mehr an die Beschränkungen des Wettbewerbsverbots halten müssen und somit uneingeschränkt ihren Ruhestand genießen können.


Wettbewerbsverbot im Falle einer Arbeitslosigkeit


Bei einer Arbeitslosigkeit bleibt das nachvertragliche Wettbewerbsverbot grundsätzlich bestehen. Der Arbeitgeber muss jedoch weiterhin die vereinbarte Karenzentschädigung zahlen. Auch der Bezug von Arbeitslosengeld mindert diesen Anspruch nicht, da es nicht als Einkommen im Sinne der Karenzentschädigung angerechnet wird. Entscheidend ist jedoch, dass die arbeitslose Person alle zumutbaren Maßnahmen ergreift, um eine neue Anstellung zu finden. Versäumt die Person dies absichtlich, könnte dies als böswilliges Unterlassen angesehen werden, was den Anspruch auf die Karenzentschädigung gefährden kann​.


Die Karenzentschädigung

Eine zentrale Voraussetzung für die Wirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ist die Karenzentschädigung. Diese Entschädigung soll den finanziellen Verlust ausgleichen, den Arbeitnehmer*innen dadurch erleiden, dass sie während der Geltungsdauer des Verbots keine Tätigkeit bei einem Wettbewerbsunternehmen aufnehmen dürfen.

Laut § 74 HGB muss die Entschädigung mindestens 50 % des zuletzt bezogenen Gehalts ausmachen, einschließlich aller Vergütungsbestandteile wie Boni, Provisionen oder Sachleistungen. Ist die Karenzentschädigung zu gering oder wird sie gar nicht gezahlt, steht es den Arbeitnehmer*innen frei, das Verbot zu ignorieren.


Hat die Karenzentschädigung einen Einfluss auf die Sozialversicherung?

Wenn die Karenzentschädigung während des bestehenden Arbeitsverhältnisses gezahlt wird, unterliegt sie der Sozialversicherungspflicht als Einmalzahlung. In diesem Fall wird sie dem Monat der Auszahlung im Entgeltabrechnungsverfahren zugeordnet.

In der Regel wird die Karenzentschädigung jedoch erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt. In diesem Fall unterliegt sie nicht der Sozialversicherungspflicht. Zahlungen an den Arbeitnehmer für Zeiträume nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses gelten nicht als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt.


Folgen bei Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot

Ein Verstoß gegen ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann schwerwiegende Konsequenzen haben. Der oder die ehemalige Arbeitgeber*in kann Schadensersatz fordern oder gerichtliche Maßnahmen einleiten. Dies kann eintreten, wenn der oder die Arbeitnehmer*in in einem konkurrierenden Unternehmen tätig wird oder ein eigenes, konkurrierendes Geschäft aufbaut.

Andererseits haben Arbeitnehmer*innen das Recht, ein Wettbewerbsverbot anzufechten, wenn dieses unzumutbar ist oder die Karenzentschädigung nicht gezahlt wird. Wird das Verbot als unwirksam erklärt, entfällt die Bindung daran.


Praktische Tipps für Arbeitnehmer*innen

  1. Arbeitsvertrag genau prüfen: Bereits bei der Vertragsunterzeichnung sollten Beschäftigte darauf achten, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart ist und welche Konditionen dafür gelten.
  2. Rechtzeitig beraten lassen: Vor einem geplanten Jobwechsel oder einer Existenzgründung ist es ratsam, sich juristisch beraten zu lassen, um potenzielle Konflikte zu vermeiden.
  3. Offene Kommunikation: Bei Unklarheiten sollten Arbeitnehmer*innen das Gespräch mit dem oder der Arbeitgeber*in suchen, um Missverständnisse auszuräumen.

Fazit


Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist ein juristisches Instrument, das erhebliche Auswirkungen auf die beruflichen Möglichkeiten von Arbeitnehmer*innen nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses haben kann. Es ist daher entscheidend, die genauen Bedingungen und rechtlichen Konsequenzen dieser Vereinbarung zu verstehen. Nur wenn die gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten werden, ist das Verbot rechtswirksam und für beide Seiten bindend. Vor allem die Verpflichtung zur Zahlung einer angemessenen Karenzentschädigung ist ein zentraler Punkt. Wer sich rechtzeitig informiert und juristischen Rat einholt, kann mögliche Konflikte umgehen und weiß, welche Rechte und Pflichten er oder sie im Fall eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots hat.

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