Reform der Betriebsratsvergütung: Was sich für Betriebsräte geändert hat

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Die Reform der Betriebsratsvergütung ist zum 25. Juli 2024 in Kraft getreten. Die Änderungen in den §37 und §78 BetrVG sichern einerseits das Ehrenamtsprinzip und eröffnen andererseits sowohl Betriebsräten als auch Arbeitgebern die Möglichkeit, die Vergütung und Gehaltsentwicklung von Freigestellten sinnvoll zu gestalten. Doch weshalb war dieser Schritt notwendig? Und welche Neuerungen sind für Betriebe und ihre Belegschaften relevant?


Warum war die Reform der Betriebsratsvergütung notwendig?

Ein Urteil aus dem Jahr 2023 des Bundesgerichtshofs führte zu erheblichen Unsicherheiten. Es ging um die Frage, ob die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern als Untreue gewertet werden kann, wenn sie gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot verstößt. Diese Unsicherheit betraf sowohl Unternehmen als auch Betriebsräte und führte zu einer Zurückhaltung bei der Anpassung von Gehältern für Betriebsratsmitglieder. Die Gesetzesänderung soll diese Lücke nun schließen, indem sie klarstellt, unter welchen Bedingungen eine Vergütung zulässig ist.


Wie werden Betriebsratsmitglieder vergütet?

Betriebsratsmitglieder erhalten für ihre Tätigkeit grundsätzlich die gleiche Vergütung, die sie auch ohne Betriebsratsamt bekommen würden. Die Tätigkeit folgt dem sogenannten Ehrenamtsprinzip, das im Betriebsverfassungsgesetz festgeschrieben ist und sicherstellen soll, dass die Übernahme eines Betriebsratsmandats keine finanziellen Nachteile oder ungerechtfertigten Vorteile mit sich bringt. Die Vergütung der Betriebsratsmitglieder erfolgt also unter bestimmten Bedingungen:

Verbot der Entgeltminderung

Betriebsratsmitglieder erhalten während ihrer Tätigkeit den selben Lohn, den sie ohne Betriebsratstätigkeit verdient hätten.

Mindestentgeltgarantie

Das Einkommen darf nicht unter dem vergleichbarer Kollegen mit ähnlichen Aufgaben und Qualifikationen liegen.

Verbot der Begünstigung/ Benachteiligung wegen der Betriebsfähigkeit

Ist das Arbeitsentgelt eines Betriebsratsmitglieds im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern bei einer ähnlichen betrieblichen Entwicklung geringer, hat das betroffene Mitglied Anspruch auf eine Entgelterhöhung.

Was hat sich bezüglich der Mindestentgeltgarantie geändert?

Die neue gesetzliche Regelung zur Mindestentgeltgarantie (§ 37 Abs. 4 BetrVG) konkretisiert insbesondere Zeitpunkt und Verfahren für die Bestimmung der passenden Vergleichsgruppe von Betriebsratsmitgliedern.

Demnach muss die Vergleichsgruppe bereits bei Amtsantritt eindeutig festgelegt werden. Eine spätere Anpassung der Gruppe ist aus sachlichen Gründen möglich, etwa im Fall eines beruflichen Aufstiegs oder anderer wesentlicher Veränderungen in der beruflichen Entwicklung.


Anpassung des Benachteiligungs- / Begünstigungsverbot

Die Neuregelung des Begünstigungs- und Benachteiligungsverbots für freigestellte Betriebsratsmitglieder konkretisiert die Voraussetzungen, unter denen eine Entgeltfestsetzung oder -anpassung erfolgen darf. Insbesondere stellt die Gesetzesänderung klar, dass das Entgelt eines Betriebsratsmitglieds nicht willkürlich oder diskriminierend festgelegt werden darf, sondern sich an den objektiven Anforderungen und Kriterien seiner ursprünglichen Tätigkeit orientieren muss. Eine unangemessen niedrige oder unverhältnismäßig hohe Festsetzung des Entgelts ist damit unzulässig.

Zudem wird ausdrücklich betont, dass Beförderungsentscheidungen nicht durch die Betriebsratstätigkeit benachteiligt werden dürfen. Auch ohne eine direkte Verbindung zur aktuellen Tätigkeit können Beförderungen gerechtfertigt sein, etwa wenn sich dies aus dem bisherigen beruflichen Werdegang ergibt. Zur Bewertung von Entgelten und Beförderungen wird nun die Bildung einer Vergleichsgruppe vorgesehen, die sicherstellen soll, dass Betriebsratsmitglieder angemessen, aber nicht bevorzugt behandelt werden.


Wie sollte eine passende Vergleichsgruppe aussehen, an deren Vergütung sich die der Betriebsratsmitglieder orientiert?

Bei der Ermittlung der Vergleichsgruppe zählen ausschließlich jene Beschäftigten im Betrieb, die zum Zeitpunkt der Amtsübernahme oder bei einer späteren Neubestimmung der Vergleichsgruppe vergleichbare Tätigkeiten ausgeübt haben und über ähnliche fachliche sowie persönliche Qualifikationen wie das Betriebsratsmitglied verfügen. Eine solche Gruppe sollte ausreichend groß sein – in der Regel sind es mindestens fünf Personen. Sollte sich im eigenen Betrieb niemand finden, der die gleichen Voraussetzungen erfüllt, können auch Beschäftigte aus anderen Standorten des Unternehmens herangezogen werden.

Fällt ein Mitglied dieser Vergleichsgruppe im Laufe der Zeit weg, zum Beispiel durch Ausscheiden aus dem Unternehmen, so muss es in Absprache von Arbeitgeber und Betriebsrat durch eine andere geeignete Person ersetzt werden.


Können sich Betriebsratsmitglieder wehren, wenn sich der Arbeitgeber nicht an die Vergütungsanforderungen hält?

Betriebsratsmitglieder dürfen vom Arbeitgeber verlangen, ihnen Auskunft über die Entlohnungsentwicklung vergleichbarer Beschäftigter zu geben, denn sie haben einen Auskunftsanspruch. Es empfiehlt sich, dieses Verfahren in einer Betriebsvereinbarung zu regeln. Sollte ein Betriebsratsmitglied feststellen, dass sein Gehalt unterhalb der geltenden Mindestentgeltgarantie liegt, kann es den höheren Vergütungsanspruch direkt gegenüber dem Arbeitgeber gerichtlich durchsetzen. Dabei tritt das betreffende Mitglied selbst als Kläger auf – eine Klage im Namen des gesamten Betriebsrats ist nicht möglich.


Gibt es auch Kritik an den neuen Regelungen der Betriebsratsvergütung?

Es gibt einige Stimmen, die bestandenen, dass die neue Gesetzgebung zu einseitig auf die Bedürfnisse von Unternehmen und deren Verantwortlichen ausgerichtet sei, die damit in erster Linie vor möglichen Straftatbeständen geschützt würden. Gleichzeitig bleibe das in der Praxis oft anzutreffende Problem der systematischen Schlechterstellung von Betriebsräten durch zu niedrige Gehälter ungeklärt. Betroffene Betriebsratsmitglieder müssten somit weiterhin den beschwerlichen Weg einer Individualklage gehen, um sich gegen Benachteiligungen zu wehren. Allerdings werden nicht alle offenen Fragen durch die Reform beantwortet. Fragen zu variablen Vergütungsbestandteilen und zur Vergütung nicht freigestellter Betriebsratsmitglieder bleiben offen.

Fazit zur Reform der Betriebsratsvergütung

Die Reform der Betriebsratsvergütung schafft einerseits mehr Klarheit und Rechtssicherheit für Betriebsräte sowie Arbeitgeber. Durch die deutlicheren Vorgaben zu Mindestentgeltgarantie, Vergleichsgruppen und den Bedingungen für Beförderungen bleibt das Ehrenamtsprinzip gewahrt, ohne dass Betriebsratsmitglieder finanzielle Nachteile erleiden müssen. Gleichzeitig helfen die neuen Regelungen dabei, mögliche Rechtsunsicherheiten, die zuvor durch Gerichtsentscheidungen entstanden sind, auszuräumen. Insgesamt bietet die Gesetzesänderung einen fairen Rahmen, der das Engagement im Betriebsrat stärkt und zugleich die betrieblichen Interessen sinnvoll berücksichtigt.

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